31. Die Roemer hatten den Bogen raus
Nachdem die Roemer gelernt hatten, wie man Boegen aus Naturbruchstein macht, haben sie viele erstaunliche Sachen gemacht: grosse Bruecken, Triumphboegen, riesige Wasserleitungen. Mit diesen Dingen wurden die Kraft und auch das Ansehen des roemischen Volkes demonstriert. Beruehmt sind zwei Aquaedukte, von denen grosse Teile bis heute erhalten sind: Der Eine befindet sich in der Naehe von Nimes in Gallien, der Andere ist nahe Segovia in Spanien gelegen. Spanier und Marokkaner glaubten, von der Erhabenheit dieses Werkes ergriffen, nicht, dass eine solche Sache von Menschen gebaut sei. Deshalb nannten sie dieses Aquaedukt "Die Bruecke des Teufels". Ausserhalb der Mauern von Staedten gab es Verteiler der Aquaedukte. Dort wurden die in drei Teile geteilten Waesser, erst zu den Brunnen, dann zu den Thermen, dann zu allen Haeusern verteilt. Einer von den roemischen Beamten leitete alle Angelegenheiten, die die Aquaedukte betrafen. Ausserdem haben die Roemer viele und lange Strassen gebaut, oft gepflastert und zwischen sieben und zwanzig Fuss breit. Auf diesen machten sie Reisen in weit entfernte Gegenden und auf diese Weise lehrten sie auch Auslaender die roemische Kultur und Lebensweise.
32. Politik bringt nicht nur Ehre
Ein grosses Reich, wie es das roemische war, zu verwalten, ist eine schwierige Sache.
-"Wie haben die Roemer so viele Pflichten erfuellt?" fragst du vielleicht. Die Roemer glaubten, dass es die Pflicht aller Buerger sei, sich um den Staat zu kuemmern. Deshalb hofften junge adlige Maenner, zu grossen Ehren zu gelangen, wenn sie die politische Laufbahn einschlugen.
-" Diese Pflichten, von denen du gesprochen hast, ob sie "Ehren" oder "Arbeiten" waren?"
Die Pflichten der Beamten waren in der Tat gross, trotzdem, wurden sie von den Roemern nicht Arbeit genannt, sondern Ehren.
-"Haben etwa alle adligen Maenner das Konsulat erstrebt?"
Wahrscheinlich erhofften sich einige, zukuenftige Konsule zu sein. Aber vorher was es noetig die Aemterlaufbahn zu absolvieren.
-"Was ist die Aemterlaufbahn?"
Der unterste Rang was das Amt des Quaestors. Quaestoren hatten die Sorge fuer die Staatskasse. Andere Aemter waren der Volkstribun, der Aedil, der Praetor, der Konsul und der Zensor. Allen wurde von geringeren Beamten geholfen, wie von Sekretaeren und Dolmetschern.
-"Und an welchen Sachen wurden die Beamten erkannt?"
Hoehere Beamte wie Konsule, Praetoren, Zensoren und Aedile, sassen mit einer mit purpurnen Streifen verzierten Toga bekleidet in einem Amtsstuhl; Konsule und Praetoren wurden von Liktoren bewacht.
33. Straftat oder Ungluecksfall?
Ueber in Rom begangene Verbrechen sprachen zwei Beamte Recht: Der staedtische Praetor und der Richter ueber Nichtbuerger. Jener war Richter der Untaten, die von roemischen Buergern an Buergern veruebt worden waren. Dieser sprach Recht ueber Streitigkeiten zwischen Roemern und Auslaendern oder zwischen Auslaendern.
Folgender Rechtsstreit ist einst in Rom gefuehrt worden: Einige Menschen haben in der Oeffentlichkeit Ball gespielt. Einer von ihnen hat diesen heftig geschlagen. Der Ball aber hat die Hand des Frisoers angestossen, der gerade einen Sklaven rasierte. Die Hand, die das Rasiermesser hielt, hat sofort die Kehle des Sklaven durchtrennt und jenen ungluecklichen Menschen ermordet. Ist damit ein Verbrechen begangen worden? Und - wenn es begangen worden ist - bei wem lag die Schuld an diesem Verbrechen?
Etwa bei dem Menschen, der den Ball schlug? Musste dieser etwa nicht damit rechnen, dass der Ball an die Hand jenes Frisoers stossen werde?
Oder liegt die Schuld beim Frisoer? Er frisierte und rasierte Menschen dort, wo oft gespielt wurde; an diesem Ort kamen oft eine Vielzahl von spazieren gehenden Menschen zusammen. Musste nicht etwa jener ahnen, dass dieses Unglueck passieren werde?
Oder liegt die Schuld vielleicht bei dem Sklaven, der von dem Frisoer getoetet wurde? Wusste er etwa nicht, dass er auf dem Stuhl, der an jenem Ort aufgestellt war, in Gefahr kommen wuerde?
Wer ist vor Gericht gestellt worden? Und mit welcher Ueberlegung hat der Richter ueber jene Sache geurteilt? Ueber jenes diskutierten schon die Roemer lange.
34. Vom richtigen Leben
Wir haben von Gesetzen von 12 Tafeln und vom roemischen Recht gehoert.
Die Roemer sagten: "Das Recht ist nach der Gerechtigkeit benannt." und: "Das Recht ist die Kunst der Guten und der Gerechten."
Doch was ist gut? Und was ist gerecht? Ist nicht fuer mich diese Sache, jene Sache fuer dich gut und gerecht?
"Wie leben wir gut und gerecht mit Freunden, Nachbarn, Buergern und Auslaendern?"
So fragten die Roemer. Die Antwort war: "Gut ist der Mensch, der nach der Sitte der Vorfahren lebt." Deshalb achteten sie immer darauf, wie die Dinge in frueheren Zeiten ausgefuehrt worden waren.
Die Menschen, die recht leben wollen, wollen Regeln haben und sie beachten diese mit grosser Sorgfalt. Diese Regeln werden Tugenden genannt.
Dies sind Beispiele fuer solche Tugenden:
• Erweist Gott und den Eltern Ehrfurcht!
• Behandelt Freunde freundlich und anstaendig!
• Das Wort, das einem Menschen gegeben wurde, sollst du immer halten.
• Wenn du ein Unrecht bestrafen willst, das du von einem Feind empfangen hast, maessige deinen Zorn!
• Lebe ein einfaches Leben und enthalte dich des Luxus.
• Verwaltet das Vermoegen mit Klugheit!
• Der Soldat, der die Freiheit der Republik verteidigen will, verhaelt sich tapfer, aber gegenueber Feinden, die im Krieg besiegt wurden, ist er mild.
Auf diese Weise glaubten dei Roemer, dass sie so mit der Kultur der Vorfahren lebten.
35. Ein Mann, auf den die Roemer stolz waren
Waehrend die Feinde einen Angriff machten, sah Horatius, dass jene roemischen Soldaten, die jenseits des Tibers an der Bruecke positioniert waren, die Waffen niederlegten und die Reihen verliessen. Diesen stellte er sich entgegen und rief mit lauter Stimme: "Warum fluechtet ihr, ihr Feiglinge?" Dann mahnte er sie: "Beobachtet, Kameraden, die roemische Tapferkeit. Die Flucht wird uns nichts nuetzen. Denn nachdem die Bruecke zurueckgelassen wurde, werden bald mehr Feinde auf Palatin und Kapitol sein als auf Janiculus. Ich bitte euch: Zerstoert diese Bruecke mit Schwert und Feuer. Ich werde den Angriff der Feinde mit meinem Koerper abwehren."
Als diese Worte gesprochen waren, ging jener auf die Bruecke voran und sofort haben zwei roemische Maenner, Spurius Larcius und Titus Herminius, von Scham ergriffen, die Flucht beendet. Horatius hielt mit ihnen den ersten Angriff der Etrusker auf. Dann zwang er sie, an einen sicheren Ort zurueckzuweichen. Schon viele von Feinden geschleuderte Lanzen steckten im Schild des Horatius. Obwohl die Etrusker sie scharf bedraengten, wurde am Ende die Bruecke von den Roemern zerstoert.
Darauf sagte Horatius: "Vater Flussgott, empfange diese Waffen und diesen Soldaten in deinem Fluss." Dann sprang er mit den Waffen in den Tiber herunter und kam sogar unvesehrt bei den Seinen an.
36. Bereit zum Mord - bereit zum Tod
Das Schwert in der Kleidung verborgen, ist Gaius Mucius unversehrt ins Lager der Feinde gelangt und wollte den König erreichen. Doch weil er jenen nicht kannte, ist ein Schreiber anstelle des Königs getötet worden. Obwohl alle zitterten und großer Aufruhr entstanden war, entkam C. Mucius dennoch nicht aus dem Lager. Nachdem er von Soldaten ergriffen worden war, ist er zu Prosenna, dem König, geführt worden.
Darauf sagte Mucius: Ich bin ein römischer Bürger. Sie nennen mich Gaius Mucius. Ich habe im Sinn gehabt, den Feind zu töten, und bin nicht weniger zum Tod bereit als ich zum Morden war. Und ich bin nicht der einzige, der versucht, dich zu ermorden. Lang ist hinter mir die Reihe junger Männer, die diesen Ruhm erstreben. Auch wenn viele Soldaten über dein Wohlergehen wachen, wird Tag und Nacht der Feind in deinem Haus sein. Diesen Krieg kündigt dir die römische Jugend an.
Wutentbrannt befahl der König, dass jener zum Feuer geführt werde: Verrate mir die Gefährten der Verschwörung, Römer, sonst wirst du, von diesen Flammen ergriffen, sterben.
C. Mucius sagte: Bei Herkules, der Körper ist wertlos für jene, die großen Ruhm erstreben. Dann legte er seine rechte Hand von selbst in die Flammen.
37. Ein Bauer wird Diktator
Die Senatoren fassten den Plan, Lucius Quinctius Cincinnatus zum Diktator zu machen. Denn jener mutige Mann war die einzige Hoffnung der Römer.
L. Quinctius bestellte jenseits des Tibers einen Acker. Die Gesandten gingen zu ihm und sagten: „ Sei gegrüßt, Cincinnatus! Lege die Toga an und höre den Auftrag des Senats an!“ Cincinnatus befahl sofort seiner Ehefrau, die Toga zu bringen. Nachdem die Toga angelegt war, grüßten ihn die Gesandten als Diktator: „Wir sind zu dir gekommen, weil der Staat in großer Gefahr ist. Wir werden alle zugrunde gehen, wenn du nicht nach Rom zurückgehen und dem Staat beistehen wirst..“
Cincinnatus antwortete den Abgesandten: „Ich habe zwar schon vor vielen Jahren auf das Konsulat verzichtet. Dennoch werde ich nicht vor diesem Amt zurückweichen und mit euch nach Rom weggehen.“
Damals fürchteten die meisten Römer den Quinctius. Denn sie glaubten, dass seine Herrschaft hart sein werde und dass der Mann das Maß überschreiten werde. Aber der Diktator ging zum Forum und riss das Volk mit einer scharfen Rede mit. Dann befahl er, dass die Männer zu den Waffen griffen, und in der Tat waren alle zum Gefecht bereit.
In der Nacht ist die Schlacht begonnen worden; Sie haben bis zum Morgengrauen gekämpft. Zuletzt sind die Sabinerfeinde besiegt worden. Sie baten den Diktator: „Ist es uns erlaubt, zu gehen, nachdem wir die Waffen niedergelegt haben?“ Cincinnatus: „Es ist erlaubt. Aber es ist notwendig, dass ihr unter das Joch geht. Dann hat der Diktator die Feinde unters Joch geschickt.
38. Die wachsamen Gänse
Als die Römer ihr Heil in der Flucht suchten, fürchteten die Gallier selbst zunächst einen Hinterhalt. Dann aber haben sie die Waffen der getöteten Soldaten eingesammelt, wie es bei diesen Brauch war. Dann rückten die Gallier, nachdem sie nirgendwo einen Feind bemerkten, auf die Stadt selbst vor. Die Römer aber wurden von großer Furcht ergriffen. Deshalb zogen sie sich mit Frau und Kindern in die Burg zurück und versuchten von diesem Ort aus, sich selbst und die Ihren zu verteidigen.
Wenig später ist die Burg selbst in großer Gefahr. Denn in der Nacht steigen die Gallier unter größtem Stillschweigen zum Capitol hinauf. Sie täuschen nicht nur die Wächter, nicht einmal die Hunde wecken sie auf. Die Gänse aber täuschen sie nicht, die den Römern nicht einmal in höchster Not als Nahrung dienten; denn die Gänse waren der Juno geweiht. Dadurch sind nicht nur die Gänse, sondern auch die Römer selbst gerettet worden: Die Gänse haben nämlich geschrien und Markus Manlius, einen starken Mann, aus dem Schlaf aufgeweckt.
Derselbe hat, nachdem er zu den Waffen gegriffen hatte, auch die Übrigen zu den Waffen gerufen. Während die anderen zittern, tötet Manlius einen Gallier, der schon oben auf der Mauer stand; jener stieß, von der Mauer fallend, auch die nächststehenden Gallier hinab; schließlich sind alle Feinde heruntergestürzt. So wurden zur gleichen Zeit sowohl das Kapitol als auch Rom selbst gerettet.
39. Hannibals Hass auf die Römer
Hamilcar, der Vater Hannibals, war Feldherr der Karthager. Derselbe wollte das große Heer nach Spanien hinbringen. Hannibal, ein Kind von neun Jahren, wollte nicht zu Hause bleiben, sondern fragte seinen Vater: „Warum willst du mich nicht mit dir führen? Auch ich will im Lager sein.“ Hamilcar antwortete: „Ich will zulassen, dass du mit mir bei dem Heer bist, wenn du mir dein Wort gibst.“
Dann führte er den Jungen zum Altar heran, auf welchem er Opfer bringen wollte. Nachdem die übrigen Soldaten entfernt worden waren, befahl der Vater, dass Hannibal den Altar berühre und diese Worte spreche: „Ich schwöre, dass ich niemals ein Freund der Römer sein werde.“ Diesen Worten fügte Hannibal hinzu: „Ich will immer ein Feind des römischen Volkes sein.“
Dann hat er mit dem Fuß in den Staub gestampft, womit er zeigte, dass die Karthager für alle Zeit Feinde der Römer sein werden und hat geschrieen: „Dann erst wird der Krieg zwischen Karthago und Rom ein Ende haben, wenn eine von beiden zu Staub gemacht sein wird.“
40. Hannibals Siegeslauf
Hannibal hat als Feldherr alle Stämme Spaniens im Krieg unterworfen. Weil er wild und zu jeder Gefahr bereit war, eroberte er Sagunt, eine Bürgerschaft, die den Römern in Freundschaft verbunden war, mit Gewalt. Danach überquerte er unbesiegt die Pyrenäen. Wohin auch immer ihn sein Weg führte, er schlug, von irgendwelchen Göttern unterstützt, die Feinde und ging als Sieger vom Platz.
Dann hat er die Streitkräfte über die Alpen geführt, welche niemand jemals mit einem Heer überquert hatte. Daraufhin hat er die Apenninen erstiegen, weil er nach Etrurien wollte. Später hat er, als er mit dem Konsul C. Flaminius kämpfte, am Trasimenischen See viele Römer getötet; von dort aus ist er nach Apulien gekommen. Dort haben zwei Konsule Hannibal Widerstand geleistet. Hannibal aber hat in einer einzigen Schlacht, die bei Cannä geschlagen wurde, zwei römische Heere in die Flucht geschlagen.
Auch jetzt noch unbesiegt, hat er das Heer nach Rom geführt und in den Bergen, die nahe der Stadt waren, sein Lager aufgestellt. Trotzdem hat er die Stadt selbst nicht angegriffen und auch nicht Nutzen aus seinen Siegen gezogen. Sondern aus irgendeinem Grund, den wir nicht kennen, hat er das Lager abgebrochen und diese Gegend verlassen. Es ist bekannt, dass irgendwelche Karthager den widerstrebenden Hannibal nach Hause zurückgerufen haben.
Nachdem Hannibal nach Afrika zurückgegangen ist, hat er dort Krieg gegen Publius Scipio geführt. Bei Zama hat er mit ihm gekämpft und ist endlich besiegt worden. Daraufhin hat er traurig irgend ein Boot erstiegen und ist nach Syrien zum König Antiochus geflohen.
41. Kann eine "Kichererbse" Karriere machen?
Ein echter Römer erstrebte nichts so heftig wie Ruhm und Ansehen.
Wie viele berühmte Taten er ausführte, so viele Ehren wurden diesem zuteil. Das Ansehen aber eines einzigen Mannes hat dessen ganze Familie berühmt gemacht.
Aber es gab auch unbedeutende Familien, wie das Geschlecht der Tullier, aus dem Marcus Tullius Cicero stammte. Jener glaubte indessen, dass so viel an Begabung in ihm stecke wie in wenigen Bürgern sonst. Oft dachte er bei sich: „Wie werde ich Amt und Lob erwerben?“ Deshalb schlug er eine politische Laufbahn ein und erstrebte so Großes wie niemand aus seiner Familie bisher. Irgendwelche Freunde aber lachten ihn aus: „Die Leute werden sagen, du bist so beschaffen wie eine Kichererbse. Deinen Namen werden sie zum Gespött machen. Also leg entweder deinen Namen ab oder ändere ihn!“
(Einem Vorfahren wurde nämlich jener Name gegeben, weil er auf der Nase eine Einkerbung hatte, die aussah wie eine Kichererbse).
Cicero antwortete ihnen: „Ihr gebt mir einen solchen Rat, wie er zu euch passt. Aber ich werde kein Leben im Schatten führen. Mit Sicherheit werde ich den Namen des Cicero einmal so berühmt machen, wie es die Namen der vornehmen Familien sind.
42. Ein junger Politiker profiliert sich
Du begehst ein Unrecht, Chrysogonus, wenn du jetzt deine Hoffnung auf die Vernichtung von Sextus Roscius setzt. Wie groß ist deine Grausamkeit, wenn jener junge Mann dir seinen ganzen Besitz, außer seinem Leben, übergeben musste! Auch Dieben nützt vor allen Dingen diejenige Beute, die sie ohne Blutvergießen rauben können.
Du weißt, dass dieser nichts hat, nichts wagt, nichts kann. Was ist ihm gelassen worden? Nichts außer schlechten Kleidern. Trotzdem rufst du diesen Unglücklichen vor Gericht und bereitest seine Vernichtung vor. Was hat dich zu so großer Wut veranlasst? Kannst du es etwa nicht ertragen, dass dieser bekleidet dasteht, den du nackt aus dem väterlichen Erbe vertrieben hast?
Warum seid ihr, die Richter, Sextus Roscius nicht zu Hilfe gekommen, als so großes Unrecht gemacht wurde? Ihr könnt ihm helfen, ihr müsst ihm nützen. Eine Hoffnung des Sextus Roscius ist auf eure Macht und Güte gesetzt. Wem ist die Grausamkeit des Chrysogonus jemals von Nutzen gewesen? Welche Schandtaten haben seine Kameraden sich nicht ausgedacht? Wenn auch ihr grausam seid, werden wir eher zwischen wilden Tieren leben können als in dieser Republik.
Die Römer pflegen auch die besiegten Feinde zu verschonen; auf diese Weise waren sie der Republik oft von Nutzen. Daher, bei den unsterblichen Göttern, beseitigt die Grausamkeit aus der Bürgerschaft! Verschont, Richter, diesen Sextus Roscius! Er hat nicht einmal ein einziges Verbrechen begangen.
43. Auf der Höhe der Macht
Als die Rede vom Konsul gehalten worden war, sprach als erster der gewählte Konsul Silanus: „Wir müssen“, sagte er, „die Todesstrafe an diesen unverschämten Männern vollstrecken. Nun ist es die Aufgabe des Konsuls, das zu tun, was dem römischen Volk von Nutzen ist.“
Weil diese Meinung von vielen gebilligt worden war, sagte Cäsar: „Was wird zum Wohl der Republik sein? Es ist typisch für einen Weisen, gut über diese Sache nachzudenken. Gewiss bin ich dafür, dass diese Männer im Gefängnis gehalten werden, dass ihr Geld beschlagnahmt wird.“
Dann stimmte Cicero teils mit Silanus, teils mit Cäsar in dieser zweifelhaften Sache überein. Doch Cato schrie, von Zorn entflammt: „Die Meinung Cäsars wird uns zum großen Schaden sein. Solange Catilina lebt, werden wir nicht sicher sein. Auch seine Freunde sind des Todes würdig.“
Cicero aber führte, als der Senat entlassen war, Lentulus aus dem Palatin, wo er in Haft war. Dann hat er befohlen, dass er in der Anwesenheit vieler Bürger durch die heilige Straße zum Staatsgefängnis abgeführt werde. Dort übergab er ihn dem Henker. Nachdem auch die anderen getötet worden waren, sagte Cicero mit lauter Stimme: „Sie haben gelebt.“ Die Bürger aber freuten sich und riefen: „Auf Ciceros Veranlassung hin ist die Republik wieder hergestellt worden. Sei gegrüßt, Vater des Vaterlandes.“
44. Tiefer Sturz
Cicero grüßt Atticus.
Zu deinem Brief schreibe ich: mich schmerzt der Neid der Feinde, aber den Verstand habe ich bis jetzt noch nicht verloren. Aus der Stadt wäre ich nicht weggegangen, wenn nicht sogar du mir zur Flucht geraten hättest. Wenn Freunde mir andere Ratschläge gegeben hätten, wäre ich zu Hause geblieben. Freilich in großem Schmerz habe ich die Meinen zurückgelassen. Wenn es mir erlaubt wäre, diese zu sehen, würde ich sicher von außerordentlich großer Freude überwältigt. Nun werde ich von allen Botschaften beunruhigt und von dem Unglück bedrückt.
Du hast Cato zu Recht entschuldigt. Obwohl er mir nicht beistand, bei den Plänen der schlechten Männer war er wohl nicht dabei. Die Antwort des Pompeius hat mich erschreckt und ich wäre verzweifelt, wenn du mir nicht beigestanden und zur Hilfe gekommen wärst. Nur du hast das machen können. Wie blind ich war, blind und um den Verstand gebracht! Wenn ich nicht so blind gewesen wäre, hätte ich das Volk nicht angefleht und angerufen. was aber hat das Volk zu dieser Zeit vermocht?
Doch dir das zu sagen ist dumm. Sicher würde meine Hoffnung auf Freunden ruhen, wenn meine Feinde jetzt nicht so großen Einfluss hätten. Clodius hat ein Gesetz am Türpfosten der Kyrie angeheftet, welches verbietet, sich noch mal mit mir zu beschäftigen.
An deinem Glauben hätte ich auch gezweifelt, wenn du mir nicht durchs ganze Leben die Treue gehalten hättest. Mit diesem Brief klage ich nicht dich, sondern mich selbst an.
45. Was ist das - ein Philosoph?
Leon: Ich bitte dich, dass du mir deine Weisheit zeigst. Denn viele sagen, du seiest weise. Was ist die Einsicht deines Lebens? Welche Kunst hast du?
Pythagoras: Ich bringe die Menschen nicht dazu, dass sie mich weise nennen. Und ich kenne nicht irgendeine Kunst, sondern bin ein Philosoph.
Leon: Ich bitte, dass dieses Wort, das mir unbekannt ist, von dir erklärt wird. Was für Menschen sind Philosophen? Was für ein Unterschied besteht zwischen diesen und den übrigen Menschen?
Pythagoras: Das Leben der Menschen ähnelt den Festspielen der Griechen. Denn bei den Spielen streben die Einen danach, sich Anstrengungen zu unterziehen und durch körperliche Kraft Lob einzuheimsen, die Anderen möchten erreichen, dass ihr Reichtum auf dem Forum vergrößert wird. Viele kommen folglich zu Spielen zusammen. Aber wenige geben sich Mühe, dass sie alles, was dort gemacht wird, sehen und erkennen.
So wie die Griechen zu den Spielen zusammenlaufen, so zeigen sich die Menschen im Leben: sehr viele sorgen sich, damit sie ruhmreich und wohlhabend werden. Ich fürchte, dass diese Sklaven des Ruhmes und des Geldes sind, aber dass sie keine Weisheit haben. Wenige, weil sie um die Weisheit bemüht sind, werden wirklich Philosophen genannt. Diese lassen sich nicht einmal durch Mühen abschrecken, die Natur der Dinge durchschauen zu wollen. So liegt einzig die Beobachtung der Dinge den Philosophen am Herzen.
46. Trost für einen Trauernden
Lucius Lucceius grüßt Markus Tullius.
Ich weiß nicht, warum du bis jetzt nicht nach Rom gekommen bist. Wenn du von der Einsamkeit erfreut wirst, wenn du suchst, was die griechischen Schriftsteller über Trost gesagt haben, wenn du selbst solche Dinge schreibst, dann freue ich mich und tadle deinen Beschluss nicht. Ich habe dich von hier traurig weggehen sehen. Gib dich nicht zu sehr den Tränen und der Trauer hin! Ich weiß von wie großem Schmerz du nun erfüllt bist. Doch durch deine Klagen machst du keine Fortschritte. Daher komm in unsere Gemeinschaft zurück! Es gibt keinen Grund, warum du nicht auf diese Weise den Schmerz linderst.
Markus Tullius grüßt Lucius Lucceius.
All deine Liebe ist in diesen Briefen, welche ich von dir erhalten habe. Zu Recht vermutest du, welche Heilmittel gegen so große Wunden von mir gesucht worden sind. Denn vieles, was über Trauer geschrieben worden ist, habe ich gelesen. Ich möchte in Erfahrung bringen, welche Ratschläge der Philosophen mir entgangen sind. Bald wirst du wissen, was ich selbst über Trost geschrieben habe: denn ich werde dir mein tröstendes Buch schicken. Doch der Schmerz siegt über jedenTrost. Ich weiß nicht, wo es für mich einen Zufluchtsort gibt. Du weißt, wie viele Schmerzen mir die Menschen, das Forum und die Kurie zugefügt haben. Auch du bleibe nicht in Rom. Wenn du kannst, komm zu mir!
47. Cäsar greift nach der Macht
Cäsar führte gegen die Gallier Krieg, damit er ganz Gallien beherrschte. Auch mit den Germanen kämpfte er, weil sie den Rhein überquert hatten und den Galliern halfen. Er baute eine Brücke über den Rhein und griff die Germanen in ihrem Gebiet an, damit sie nicht immer wieder nach Gallien kommen sollten. Mit soviel Kühnheit führte er Schlachten, dass er den Germanen große Verluste zufügte. Er fiel auch nach Britannien ein, um von den Besiegten Geld und Geiseln zu verlangen. Bei Suetonius lesen wir, dass Cäsar von solcher Tapferkeit war, dass er alle Menschen übertraf. Wenn seine Soldaten eine Niederlage erlitten hatten, trat Cäsar ihnen oft allein entgegen, damit sie nicht fliehen konnten. So hat er jene gegen die Feinde gewandt und von der Flucht abgehalten. Die Freunde behandelte er mit so großer Menschlichkeit, damit er von jenen nicht verlassen, sondern immer geschätzt wurde. Viele Menschen beleidigte er trotzdem so, dass er bei diesen verhasst war. Deshalb glaubten einige Römer, dass er mit Recht getötet worden ist. Er war nämlich von solcher Arroganz, dass er das Vaterland und die Gesetze vernachlässigte und manchmal sagte, dass die Republik nichts sei als ein Wort ohne Substanz oder Gesicht.
48. Cäsar verzeiht seinen Gegnern
Als Corfinium erobert ist, befiehlt Cäsar, dass alle Senatoren, die Tribunen des Militärs und die römischen Reiter zu ihm geführt werden sollten. All diese hält er davon ab, die Soldaten zu beleidigen. Diese Worte spricht er zu ihnen: Warum dankt ihr mir nicht für so viele Wohltaten, die ich euch erwiesen habe? Trotzdem schickt er alle unversehrt weg.
Bei den pompeianischen Soldaten, welche Corfinium verteidigten, hielt er diese Rede: Obwohl ihr mir eine Niederlage zufügen wolltet, will ich euch trotzdem nicht bestrafen. Pompeius aber hat euch zurück und im Stich gelassen. Nun hat er nichts anderes im Sinn als die Flucht. Euch kann er keine Hilfe mehr bringen. Dann befahl er, dass die Soldaten ihm einen Treueeid schwören sollten. Das Geld, welches ihm von dem corfinianischen Magistraten herbeigebracht worden war, nahm er nicht entgegen; er befahl, dass dieses eingesammelte Geld den Corfiniern zurückgebracht werde. So zog er nicht nur Menschlichkeit dem Stolz vor, sondern auch die Selbstbeherrschung der Habsucht.
Am Ende beauftragte er irgendeinen Boten, Pompeius dieses zu melden: "Es gehört sich, dass wir über Friedensbedingungen verhandeln und die Eintracht wiederherstellen, damit die Republik gerettet wird."
49. Die Rache des Augustus
Oktavian führte fünf Bürgerkriege; den Anfang und die Ursache aller Kriege nahm er von hier aus: Er wollte den Mord an seinem Onkel rächen. Gegen die Gegner übte er große Überheblichkeit in jeder Art aus, er zog die Grausamkeit der Milde vor: Den Kopf des Brutus, der im Kampf besiegt worden war, ist von Oktavian nach Rom geschickt worden, damit er unter der Statue Caesars gelegt werde.
Als die Gegner besiegt worden waren, zeigte er sich gegen Menschen jedes Geschlechts und Alters grausam. Nicht einmal die adligen Gefangenen hat er verschont: Es ist überliefert worden, dass er irgendeinem Mann, der ein Begräbnis verlangte, geantwortet habe, dass er jenes den Geiern überlassen solle. Als die Stadt Perusia eingenommen worden war, hat er gerade die Besten mit der Hinrichtung bestraft. Den Einwohnern, die um Gnade baten antwortete er: Es ist notwendig, dass ihr sterbt.. Schreiber überliefern, dass 300 Männer beim Altar des göttlichen Julius an den Iden des März geopfert wurden.
Antonius, der in der Schlacht bei Actium besiegt worden war, führte er her, damit er sich selbst tötete.
Auch Caesarion, den Sohn Cleopatras, ließ er hinrichten, um den Namen der Königin der Ägypter aus der Geschichte zu löschen. Dass Cleopatra dieses Kind von Caesar empfangen habe, bestätigten viele.
50. Augustus - ein Friedenskaiser
Als die Schlacht bei Actium geschlagen war, hat Oktavian sich darum bemüht, dass die Erinnerung an seinen Sieg verewigt werde; deshalb hat er die Stadt Nicepolis, was Die Stadt der Siege bedeutet, erbaut und beschlossen, dass dort Spiele abgehalten würden. Dies ist so geschehen, damit die Größe seines Sieges nicht aus dem Gedächtnis der Römer ausgelöscht werden könnte.
Doch Octavian wollte weder das Gebiet des Reichs noch den Ruhm des Krieges ausweiten. Gegen kein Volk wurde, ohne gerechte Gründe, Krieg geführt. Varus freilich, ein Feldherr der Römer, der in Germanien kämpfte, hat eine schwere Niederlage erlitten. Von dort ist ein großer Tumult in Rom entstanden.
Als Augustus von dieser Niederlage erfuhr, war er so aufgewühlt, dass er über viele Tage hinweg, den Bart und die Haare wachsen ließ und immer wieder rief: Varus, Varus! Gib mir meine Legionen zurück!
Augustus war es ein großes Anliegen, Aufstände und Kriege überall zu beenden. Tatsächlich gelang es ihm, dass er auf der ganzen Welt Frieden und Einigkeit zurückbrachte und über viele Jahre bewahrte. Unter seiner Führung geschah es. dass vieles, was dem Heil der Bürger entgegenstand, aus dem Weg geräumt und Rom quasi wieder neu erbaut wurde. So ist er zum Urheber der besten Verfassung des Staates geworden. Trotzdem stellte er die freie Republik nicht wieder her.
51. Latein gehört zur Bildung
Karl war geschickt im Reden und konnte alles wortreich ausdrücken; denn er wendete viel Zeit auf, um zu lernen und zu lesen. Weil er nicht mit der Muttersprache zufrieden war, bemühte er sich auch Fremdsprachen zu lernen; er lernte die lateinische Sprache so, dass er sowohl lateinisch reden konnte als auch lateinische Gespräche führen konnte.
Er ließ keine Gelegenheit verstreichen, seine Kinder mit denen eines freien Menschen würdigen Studienfächern zu erziehen, und speiste niemals ohne jene, um seine Kinder selbst zum richtigen Leben zu erziehen. Weil er in vielen Schriften, die von Klöstern angenommen worden waren, eine ungebildete Sprache erkannte, fasste er den Entschluss, einen Brief zu den Äbten zu schicken; folgendes schrieb er ungefähr:
Was fromme Schreiber sagen wollen, können diese wegen der Nachlässigkeit des Lernens von Worten nicht ausdrücken. Deshalb fürchte ich, dass die Fehler der Wörter auch in den Geheimnissen der heiligen Bücher gefährlich werden; ihr müsst also geeignete Lehrer auswählen, die die Erziehung vergrößern. Wählt derartige Männer zu dieser Arbeit aus, die sowohl den Willen des Lernens als auch das Verlangen haben, andere zu unterrichten.
52. Wie lernen Schüler Anstand?
Der Lehrer sagt:Ich glaube, dass Du nicht aus höfischen Kreisen stammst, sondern im Schafstall geboren bist, du hast so sehr bäurische Sitten. Lasst uns also anständige Sitten pflegen! Sooft du mit irgendeinem ein Gespräch führst, dem du Ehre schuldest, sollst du erheben und an deinem Platz halt machen! Du sollst deine Kopfbedeckung abnehmen! Deine Miene soll weder traurig noch unverschämt sein, aber fröhlich und bescheiden! Du sollst deine Augen auf den richten, mit dem du ein Gespräch führst! Auch deine Kleidung und das ganze Verhalten des freigeborenen Körpers soll Bescheidenheit deutlich zeigen! Sprich nicht von dir aus vieles und ungeeignetes, aber du sollst mit wenigen Worten und einer passenden Ehrenbezeichnung antworten! Und du sollst dein Knie beugen, sooft du geantwortet hast! Jetzt reiche uns wahrlich irgendeinen Beweis für jene Angelegenheit dar! Wie lange bist du von deinen Eltern von zu Hause abwesend gewesen?
Junge:Ungefähr schon sechs Monate.
Lehrer:Wenn du doch aufgepasst hättest! Füge hinzu: Herr!
Junge:Ungefähr schon sechs Monate, Herr.
Lehrer:Wünscht du dir, diese zu sehen?
Junge:Ich wünsche, Herr, dass du erlaubst
Lehrer:Hoffentlich beugst du jetzt auch dein Knie! Vernachlässige dieses nicht! Aber es ist genug; lass uns nun zu den Kindern gehen!
53. So bekommen wir schulfrei
Nic.: Sowohl das Gemüt als auch das Klima laden schon lange zum Spielen ein.
Hier.: Dieses leugnet niemand; der Lehrer aber lädt nicht ein.
Coc.: Was also sollen wir machen?
Nic.: Lasst uns irgendeine Gesandtschaft zum Lehrer schicken!
Hier.: Kaum jemand dürfte es wohl erreichen, dass er uns erlaubt zu spielen; denn du wirst wohl eher eine Keule aus der Hand von Hercules entreißen können als von jenem die Erlaubnis zu spielen. Es geht
stillschweigend vorüber, dass auch er einst ein Junge gewesen ist.
Coc.: Trotzdem soll ich diese Gesandtschaft übernehmen und die Erlaubnis erstreben!
(Cocles geht zum Lehrer hin.)
Coc.: Sei gegrüßt, bester Lehrer!
Lehrer: Hinterhältige Freundlichkeit! Was will der Nichtsnutz für sich?
Coc.: Die gesamte Schar deiner Schüler bittet heute um die Erlaubnis zu spielen; morgen werden wir wieder eifrig bemüht um Arbeit sein.
Lehrer: Wer von euch wird wohl versprechen, dass dieses sicherlich sein wird? Ihr seid immer begierig danach zu spielen.
Coc.: Ich werde dieses durch meine Lebensgefahr versprechen.
Lehrer: Ja sogar durch die Gefahr meines Hinterns! - Die Schüler sollen also die Schule verlassen, um zu spielen! (Cocles geht frühlich zurück.)
Coc.: Ich habe es durchgesetzt, wenn auch mit Mühe!
Hier.: O kluger Kopf! Lasst uns deinen Genie preisen! Aber was hast du jenem
versprochen?
Coc.: Wir müssen morgen (unseren)Lehrer mit größter Bemühung erfreuen. Mir ist nichts anderes in den Sinn gekommen
Nic.: O elend!
54. Die Schule besuchen - sinnvoll oder nicht?
ARISTIDES PAEDAGOGUS:Ich meine dasselbe, was Quintilian in seinem Buch dargelegt hat:
Menschen merken sich am meisten im Kindesalter. Deshalb müssen Kinder in die Schule geschickt werden,
wenn sie ernsthaft anfangen zu lernen; sie sollen zu einem von diesen Lehrern gehen, die sich auf dem
Marktplatz Mühe geben, Jungen zu erziehen.
DER SENATOR MARCUS CLAUDIUS:Ich allerdings stimme diesem Standpunkt nicht bei und will, dass Kinder zu
Hause unterrichtet werden. Denn ein Lehrer kann sich nicht genug um jeden Einzelnen kümmern, wenn er
mehrere Schüler unterrichtet. Außerdem fürchte ich, dass die Sitten der Jungen verdorben werden,
dadurch, dass sie Fehler übernehmen. Es ist überliefert, dass auch unsere Vorfahren ihre Kinder zu Hause
unterrichtet haben.
DER REDNER QUINTUS CURTIUS: Aber wir wissen, dass auch die Sitten zu
Hause verdorben werden, wenn die Eltern nicht für gute Sitte sorgen. Manchmal schadet sogar jener Haus-lehrer den Kindern, weil er schlechte Beispiele gibt(; die Schandtaten schlechter Sklaven nützen den Kindern nicht.
DER LEHRER ARISTIDES: Ich werde kurz darlegen, warum Quintilian will, dass Kinder zur Erziehung in die Schule geschickt werden:Jungen sollen in die Schule kommen, nicht nur um ihr Wissen zu vermehren, sondern auch um den Gemeinschaftssinn zu erlernen und feste Freundschaften zu knüpfen!
55. So sollten Lehrer sein
Ein Lehrer, der geschickt im Lehren ist, soll zuerst die Begabungen derer erklären, die er zur Erziehung aufgenommen hat! Er soll sorgfältig bei sich überlegen, wie das Gemüt jeden einzelnen zu behandeln ist: die einen müssen immer ermahnt werden, die anderen können Befehle schwer ertragen; die Angst vor dem
Lehrer hält die einen zusammen, die anderen zerbricht es. Es ist aber zu wünschen, dass der Lob einen Jungen aufweckt und der Ruhm erfreut. Der Lehrer selbst soll weder das, das man verbessern musste, übersehen, noch soll er böswillig sein, wenn er die Worte der Schüler kritisiert! Er soll die Äußerungen der Schüler weder unterdrücken, noch zurückweisen! Er soll den fragenden Kindern gerne antworten, nicht die Fragenden von selbst aufrufen! Diese Lehrer müssen auch zusehen, dass an dem selben Tag verschieden Sachen von den Jungen aufgenommen werden können; denn die Abwechslung selbst belebt die Gemüter neu. Die Eltern müssen gewiss große Sorgfalt anwenden, damit die Jungen geeigneten Lehrern übergeben werden, um unterrichtet zu werden; denn die Lehrer müssen nicht nur das Wissen der Jungen vermehren, sondern auch die Sitten pflegen.
Die Schüler müssen allerdings ermahnt werden, damit sie die Lehrer lieben und sich wünschen, ihnen ähnlich zu sein. Außerdem sollen sie verstehen, dass sie die Aussprüche des Unterrichts beobachten müssen! Das Gedächtnis müssen immer die trainieren, die nicht geschwächt werden.
56. Neueste Nachrichten von den alten Germanen
Schon in alten Zeiten haben ziemlich viele Geschichtsschreiber die Taten der Römer überliefert. Keiner aber war berühmter als Gaius Julius Caesar und Publius Cornelius Tacitus. Bei ihnen lesen wir, dass die meisten Germanen die gleiche Lebensweise hatten wie die Römer, aber in vielen Dingen unterschieden sie sich auch von ihnen: Der größere Teil ihrer Nahrung bestand aus Landobst, Milch, Fleisch; sie züchteten verschiedene Vieh-Arten, die kleiner waren als die römischen. Die Männer waren oft auf der Jagd. Aus diesem Grund wurden die Kräfte so gefördert, dass die Germanen stärkere und größere Körper haben als die Menschen von anderen Völkern. Vor allem diejenigen Römer, die weder Unter- noch Obergermanien gekannt hatten, wurden von größter Furcht vor den Germanen ergriffen; denn die Gallier, die oft mit diesen zusammentrafen, priesen diese Menschen als äußerst tapfer und in Kriegen als sehr siegeswillig. Ein römischer Kaufmann, der mehr und längere Reisen als andere in die inneren Gebiete Germaniens gemacht hatte, erzählte Cornelius Tacitus, dass die Germanen blondes oder rötliches Haar und blaue Augen haben. Ja, er versicherte sogar, dass sehr viele Mädchen schöner als die römischen seien!
57. Kalt ist´s in Germanien
Weil nun die Germanen Gegenden bewohnten, die nach Norden gerichtet waren, wurden sie mit Kleidern bedeckt die für sehr kalte Orte im höchsten Grad geeignet waren. Das Kleidungsstück, das allen gemeinsam war, war ein gewisser Mantel, für die Reicheren ein besserer, für die Ärmeren ein schlechterer. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Ärmsten mit den schlechtesten Kleidern angezogen waren. Diejenigen, die in weiter entfernten Gegenden (das ist jenseits des Rheins oder der Donau) wohnten, waren auch mit den Fellen von wilden Tieren bekleidet. Das war für sie notwendiger als für jene, welche diesseitige Orte besiedelten. Für Männer und Frauen gab es die gleiche Kleidung; gewisse Frauen aber wurden mit Mänteln aus Leinen verhüllt, deren äußere Teile mit Purpur geschmückt waren. Cornelius Tacitus überliefert in einem Buch, das von den Sitten der Germanen handelt, dass die Söhne und Töchter der Geringen mit den Vornehmsten zwischen den gleichen Viehherden und auf dem gleichen Boden gespielt haben, solange bis das Alter die Freigeborenen von den Sklaven, die Höheren von den Niedrigeren trennte.
58. Toga und Kapuzenmantel
Ham wa leider nich gefunden! Tja, Pech gehabt - selber übersetzen! Viel Spass...
59. Der Sprung in den Kanal
Caesar hat eine Legion in Gallien zurückgelassen, damit er die Küsten und Häfen schützen konnte. Sobald er ein Wetter bekommen hat, das zum Segeln geeignet war, ist er mit den übrigen Truppen nach Britannien gefahren. Am folgenden Tag kam Britannien in das Blickfeld der Römer. Wie Caesar geargwöhnt hatte, hatten die Britannien an höher gelegenen Orten in der Nähe des Meeresufers bewaffnete Truppen aufgestellt. Als die Römer eine offene und flache Küste gefunden hatten, sind sie an diesem Ort gelandet. Die Briten aber, nachdem sie den Plan der Römer durchschaut hatten, versuchten sie daran zu hindern, die Schiffe zu verlassen. Als Caesar seine Soldaten zögern sah, hat er sie mit lauter Stimme ermuntert. Endlich hat ein Träger des Adlers der zehnten Legion geschrieen, nachdem er die Götter angerufen hatte: Springt herab, Kameraden, wenn ihr den Adler nicht an die Feinde verraten wollt! Nach diesen Worten stürzte er sich aus dem Schiff und begann, den Adler zu den Feinden zu tragen. Weil sie die Schande nicht zulassen wollten, haben sich auch die Soldaten gegenseitig ermuntert, dass sie sämtlich aus den Schiffen hinab sprangen und dem Adler folgten.
60. Eine mutige Frau bekämpft die Römer
Als der Statthalter Suetonius einst auf der Insel Anglesey weilte, nutzten mehrere römische Soldaten diese Gelegenheit: Sie drangen in das Gebiet der Icener ein und brachten ihre Häuser in ihre Gewalt. Zu dieser Zeit war Boudicca die Königin der Icener. Da sich viele Menschen darüber beklagten, dass ihnen von den Römern Unrecht zugefügt worden sei, wiegelte die Königin ihr Volk so auf: Rächen wir uns an den Römern für jene Untaten! Greifen wir die Veteranen an, die in der Stadt Camulodunum leben. Sie meinte, dass dies eine leichte Sache sei, da jene Veteranen keinen Hinterhalt ahnten. Quasi mitten im Frieden, sind die Ahnungslosen von einer Menge von Barbaren umzingelt worden. Als diese Rebellion gemeldet worden war, wollte der Statthalter Suetonius den Veteranen helfen. Er zögerte nicht, und reiste von der Insel Anglesey mit seiner Legion ab und kam in Eilmärschen zu den Seinen. Aus Furcht vor einem feindlichen Hinterhalt, wählte er mit großer Sorgfalt einen Platz fuer das Lager aus. Durch die Ankunft der Römer sind die Briten nicht erschreckt worden, sondern sie freuten sich. Sie hatten nämlich eine solche Siegesgewissheit, dass die Ehefrauen, Siegeszeuginnen gleich, die in die Schlacht
ziehenden Männer begleiteten. Kaum hatte Suetonius die Schlachtordnung aufgestellt, da erstarb das gellende Kriegsgeschrei, als Boudicca mit einem Wagen zu dem Feld fuhr, das nahe dem römischen Lager gelegen war. Alle Briten folgten der Königin mit großer Geschwindigkeit. Als dieser Angriff gemacht worden war, ermahnte der römische Feldherr seine Soldaten: Ich hoffe, dass ihr heute eure Aufgaben gut erfüllen werdet. Zögert nicht! Folgt mir! Als er diese Worte gesprochen hatte, trieb er sein Pferd an und rückte zu den Feinden vor.